Zwei Tage Festival, 20 Bands mit jeder Menge Rock'n Roll
Serengeti-Festival in Ostwestfalen rockt
Festivalbericht: Serengeti Festival - Schloss Holte, 27.-28.06.2008
Die 30 Euro im Vorverkauf waren gut angelegt, zwar kostete das 2-Tage-Ticket an der Abendkasse gleich 40 Euro, aber auch das war für die Bands des Festivals nicht zu viel. Der Veranstalter hatte reichlich Musikinstinkt bewiesen und neben den Garanten für eine volle Hütte ein volles Festival-Gelände, reichlich spannende und junge Bands ins Line-Up gepackt.
Überrascht wurde ich von den beiden hammermäßigen Rock-Acts Valient Thorr und The Carburetors, man waren das klasse Shows. Erwartungsgemäß konnte mich auch die Riege der etablierten Bands voll überzeugen, Black Stone Cherry und die 36 Crazyfists zeigten, warum beide auf dem besten Weg zu den ganz Großen der Rock- bzw. der Metalcore-Szene sind. Einen ganz besonderer Leckerbissen hatten die Macher des Serengetis mit der Hardcore-Ikone Helmet nach Schloss Holte-Stukenbrock geholt. Da standen auch die Jungs von Valient Thorr und den 36 Crazyfists demütig aufgereiht vor der Bühne. Besonders zahlreich vertreten war die Fraktion des neuen deutschen Frauen-Rocks. Am Samstag zeigten Jennifer Rostock und Die Happy dass auch Frauen live rocken können und am Sonntag übernahmen das dann Aloha From Hell, Revolverheld ;-) und MIA. Mit diesen Publikumsmagneten bekommt man dann auch ein mittelgroßes Festival wie das Serengeti ruck-zuck voll.
Schade, dass die beiden Nachmittage nicht so gut besucht waren wie die Abende, denn gerade die "kleineren" Bands machen doch das Salz der Festival-Suppe aus. Bands wie die Düsseldorfer Callejon oder die gemischte Truppe von Enemy Of The Sun mit ihrem finnischen Sänger, machten richtig Druck auf der Bühne und Trieben einige im Publikum zum Pogen. Insgesamt hat mir die super lockere Atmosphäre des Festival gefallen. Relaxte Security, keine überfüllten Theken, die kurzen Wege und die zahlreichen Mitglieder der Bands die im Publikum zu finden waren. Wie häufig gibt es das? Eigentlich fällt mir kaum eine Band ein, wo ich nicht mindestens ein Mitglied draußen rumhängen gesehen habe.
Einen traurigen Moment gab es allerdings, einer der Hauptgründe für mich ins Ostwestfälische zu fahren fiel leider aus. Volbeat mussten alle Termine der Woche wegen eines Trauerfalls absagen. Wurde ich noch am Freitag aufgrund meines Volbeat-Shirts bemitleidet, tat ich gleiches am Samstag mit den nun angereisten Fans. Aber Volbeat-Fans wären nicht Volbeat-Fans, wenn sie für die Gemütslage der Band kein Verständnis aufbringen würden. Als am Samstag vom Veranstalter die Mitteilung vom Tod des Vaters des Sängers durchgesagt wurde, hüllte sich das gesamte Publikum für einen längeren Augenblick in bedächtiger Stille.
27.06.2014
Als Opener auf einem Festival hat man natürlich ein großes Problem: Das Publikum! Leider konnten wir den Jungs von Lima da auch nicht weiterhelfen. Nachdem wir alle Formalitäten erledigt hatten und das Festivalgelände betreten hatten, war der Gig der 4 Bielefelder auch schon so gut wie vorbei. Das was ich mitbekommen hatte, war auf jeden Fall sehr melancholisch-melodiös. Vielleicht nicht die beste Mischung um Party zu machen, aber da möchte ich mir, bei den 3/4-Song den ich mitbekommen habe, kein Urteil erlauben.
"Direkt vom Planeten Venus um mit Rock'n Roll die Welt zu retten", alles klar, dachte ich mir auch so, als Valient Thorr auf die Bühne marschierten. Lange Haare, lange Bärte, Jeans Jacken und von Anfang an Volldampf ohne Ende, herrlich! Soundtechnisch werden Erinnerungen an Motörhead wach, ohne aber dass man an Abklatsch denkt, es ist einfach diese Rock-Walze die einem aus den Boxen entgegen rollt. Dreckig und rotzig, das richtige Mass an Unsauberkeit und dabei eine Optik, wie von einem anderen Stern.
Auf den Fünfer aus North Carolina, war ich echt gespannt, und ich wurde mal so gar nicht enttäuscht. Die Thorrs ließen sich nicht davon irritieren, dass die Wiesen des Festivals um diese Uhrzeit eher leer als gefüllt war. Sie gaben echt Vollgas und nach ein paar Songs, gab es schon die ersten kleineren Pogo-Scharmützel im Publikum. Immer wieder schaffte es "Valient Himself" das Publikum zu puschen und die Festival-Besucher die da waren, machten auch begeistert mit. Echtes pures Rock'n Roll-Feeling, "Fists in the Air", yeah. Also, wenn es einen Preis für die Besten Rock-Posen geben würde, Valient Thorr wären auf jeden Fall nominiert. Eigentlich wurde kein Rock-Klischee ausgelassen und natürlich durfte auch der freie Oberkörper auf der Bühne nicht fehlen. Mädels, bei so einem Astralkörper könnt ihr doch wohl nur noch schwach werden, oder? Nicht? Dann aber nach Valients Ode an den Männerschweiß? Schade, ich dachte das Statement gegen die Haarlosen-Kinderhaut-Muskelmänner aus der Werbung würde wirken.
Also, mir hat diese haarige Angelegenheit riesigen Spaß gemacht und wenn die Jungs demnächst mal wieder im Lande sind, werde ich 100 pro im Publikum stehen. Danke an die Macher des Festivals, auch solche Bands hierher zu bringen!
Nach einer Band, wie den "Valient Thorr", ist es natürlich nicht einfach beim Publikum Eindruck zu schinden. Callejon hatten für dieses Problem ein ganz einfaches Rezept - Brettern. Und wenn es etwas gibt, dass die 5 Düsseldorfer können, dann das! Beim Publikum kam's auf jeden Fall an.
Metalcore mit deutschen (!) Texten wird jetzt zwar nicht der Top Trend werden, aber irgendwie muss man sich ja von den übervollen Topf der Metalcore-Bands absetzen. Das Sänger Bastian auf deutsch schreit, wäre mir beim ersten Hören allerdings nicht aufgefallen, dafür waren mir die Shouts teilweise ein wenig unsauber. Aber hey, das hier ist ein Festival mit mini Soundcheck und hier kommt es auf ganz andere Sachen an. Nämlich das Publikum in den Arsch zu treten und wach zu rütteln, und das haben die Jungs echt drauf. Erstaunlich für eine noch recht junge Band in diesem Genre. Nachdem Bastian zum Schluss noch eine Tour durchs Publikum unternahm, gab es dann an diesem Nachmittag zum ersten Mal Zugaberufe. Waren wohl alle seine "lieben Freunde".
Callejon haben echt Potenzial, da kann man auf mehr gespannt sein. Einen kleinen Vorgeschmack mit neuen Songs gab es ja bereits. Apropos "neu", neu ist auch Drummer Bodo, der hier nochmals von Bastian vorgestellt wurde. Dann kann ja ein neues Album kommen, oder?
So, jetzt mal ein wenig echten Metal, bitte. Thrash von Enemy of the Sun? Okay, nehm ich! Man, die sind ja live richtig gut. Dass, wenn Producer-Legende Waldemar Sorychta an den Hebeln sitzt und auch für die Gitarre zuständig ist, gute CDs dabei rauskommen, ist schon klar. Dass das Ganze aber auch live funktioniert, davon durfte ich mich dann hier auf dem Serengeti überzeugen.
Auf der Bühne überlässt Herr Sorychta gerne seinen Mitstreitern die Show. Da waren zum einen Jules Näveri, seines Zeichens Sänger, und was für Einer! Hammer Stimme, energetisch ohne Ende, super saubere Shouts im tolle Wechsel mit melodischen Parts, alles sehr sehr variabel. Live, absolut 1. Klasse. Da sollten einige andere seiner Kollegen mal bei ihm zu eine Fortbildung gehen. Dass Basserin Anna Fedynitch keine Quoten-Frau bei den Sonnenfeinden ist, wird wohl nach dem Gig keiner der Anwesenden mehr behaupten wollen. Solide Bass, Fundament für den gesamten Sound des Vierers und treibendes Element.
Freunde machte sich Jules übrigens mehrmals damit, die Niederlage der Spanier im EM-Finale vorherzusagen. Okay, wie es dann ausgegangen ist, kann man jemanden der quasi aus der Fußballtechnischen-Diaspora kommt, nicht anlasten. Der Stimme wegen sei es ihm verziehen.
Klasse Auftritt, der die Fan-Schar der Truppe bestimmt vergrößert hat. Mächtig viel Dampf, viel Energie und echtes Bühnen-Charisma. Werde ich mir bei Gelegenheit bestimmt wieder ansehen, definitiv!
Planlos, Jo, guter Name, das dachten sich wohl auch viele der Serengeti-Besucher, nach "Enemy of the Sun" wurde es nun ein wenig leerer vor der Bühne. Dafür wurde die Stimmung aber eine ganze Ecke ausgelassener. Deutscher Punk mit deutschen Texten, passt genau in die Schubladen, die man sich dabei vorstellt. Ein bisschen "Toten Hosen", ein bisschen "Wizo" und Volldampf voraus. Wer auf Punk steht, der steht bei Planlos vor der Bühne und hatte sichtlich Spaß. Eins konnte sich die Jungs nicht nehmen lassen, eine kleine Hommage an "Wizo" mit dem Cover "Kopfschuss", Stimmungsmäßiger Höhepunkt des Grevenbroicher Quartetts.
Also, auch wenn die Jungs nicht unbedingt meinen Musikgeschmack treffen, eins muss man den Vieren lassen. Rocken und Party-Machen können sie 1A und ihre Fans haben sie gut im Griff, denn die machen einfach mit.
Nun wurde die Luft des Serengetis wieder metallhaltiger. Die Alaskaner (heißt das so?) 36 Crazyfists hatten sich in die Sonne Ostwestfalen getraut, und so gab es zum ersten Mal vor der Bühne so etwas wie Gedränge. Band-Hymnen wie "I'll go until my Heart stops" oder "At the End of August" wurden sofort verfeuert, und wie um alles auf eine Karte zu setzen, wurde es dem Publikum überlassen die Refrains zu singen. In einer Halle wäre dieser Plan bestimmt auf Anhieb aufgegangen, hier dauerte es ein wenig bis alle Pogohemmungen fallen gelassen wurden. Unbeirrt gaben die Vier aber alles, Fronter Brock Lindow shoutete was sein Hals hergab, zwischen den Songs immer wieder Kontakt zum Publikum suchend, verbal und körperlich.
Dass man Brocks Nachname auch ziemlich deutsch aussprechen kann und dass einige seine Ansagen im ziemlich guten Deutsch vorgetragen wurden, sollte wohl allen klar gemacht haben, wo seine Vorfahren ihre Wurzeln hatten. "Ich liebe dich Germany" und "Viel Glück gegen Spanien" sorgten auf jeden Fall für reichlich Spaß im Publikum, Circle-Pit inklusive. 36 Crazyfists bleiben im Metalcore-Einerlei auch live erfreulich individuell. Keine super übertriebenen pseudo-harten Gesten und kein ich-lache-nie-Gehabe, sondern eine ehrliche Härte und Spaß in den Backen. Mein Highlight des ersten Tages.
Leider war auch dieser Auftritt nach gut 45 Minten schon wieder vorbei, schön dass auf dem Serengeti bis zu den Tages-Headliner auf dieses blöde Zugabespielchen verzichtet und die Zeit mit durchspielen besser genutzt wurde. Hoffe die Nörgler im Publikum haben das auch begriffen. So durfte sich Brock auch mit Spaß-Wünsche beim Gig seiner "good friends Helmet" ordentlich verabschieden. Bis zum nächsten Mal in Deutschland.
"Was ist denn das für ein dürres Gehopse", schoss es mir durch den Kopf als Jennifer Rostock auf die Bühne sprang. Als Musikfernseh-Verweigerer hatte ich natürlich mal wieder keine Ahnung. Aber man muss ja offen für alles sein und ich muss ehrlich sagen, die vier Jungs und Jennifer konnten dann doch einige meiner Vorurteile aus dem Weg räumen. Deutscher Pop-Rock oder Elktro-Pop könnte auch schlimmer sein. Immerhin rockte Frau Weist recht ordentlich und lies sich von einigen "Ausziehen"-Rufen nicht aus dem Konzept bringen. Der Spieß wurde einfach umgedreht und das Publikum wurde aufgefordert Blank zu ziehen, ob's jemand getan hat, blieb mir leider verborgen.
Nett fand ich gegen ende noch das Cover von Chers "Believe", das vom Publikum wie der ganze Gig recht Pogofreudig aufgenommen wurde. Beendet wurde der Auftritt der Frau mit dem knappsten Hosen an diesem Abend mit der Durchbruchs-Single "Kopf oder Zahl", begleitet vom Mitgesang der Rostock-Fans unter den Serengeti-Besuchern.
Die Band-Mitglieder der 36 Crazyfists, Valient Thorr und einiger anderer Bands, die ihren Auftritt schon hinter sich hatten, tauchten vor der Bühne auf und warteten, wie auf den Weihnachtsmann. Eine ordentliche Portion Ehrfurcht ging dann auch durch die Reihen der älteren Damen und Herren des Serengeti-Publikums, als Page Hamilton und das jetzige Helmet-Line-Up die Bühne betraten. Page Hamilton, Hardcore-Urgestein hatte einst den Hardcore der 80er Jahre aufgemischt und durch seine Art der Rhythmik neue Wege aufgezeigt. Heute geben viele Bands der härteren Rock-Gang-Art Helmet als Einfluss an, was dann auch die reichlich vorhandenen Musiker im Publikum erklärt.
Der Auftritt selbst war allerdings recht unspektakulär, Pages Bandkollegen hielten sich dezent im Hintergrund und Page selbst, ganz Idealist, hält so gar nichts von irgendwelchen Rock-Attitüden. Ein verzerrtes Gesicht beim Singen war da schon Ekstase genug für das Helmet-Frontgesicht. Musikalisch wurden die Frontreihen des Publikums durch die Riffwände ordentlich weggepustet, wobei sich Hamiltons Gesang wie gewohnt dem Rhythmus der Gitarren unterordnete. Der Pit dankte für Songs wie "In the Meantime" und "Unsung" mit ordentlichem Pogo.
Auch wenn die Metalcore-Kiddies aus heutige Sicht nicht so richtig mit dieser Band warm werden möchten, es gab auf dem Serengeti genug Leute, für die dieser Auftritt der Grund für ihr erscheinen war und die diesen Gig aufgesogen und genossen haben, wie eine Post-Rock-Poesie.
Jetzt durften die Nebelmaschinen nebeln was das Fluid hergab. Das Intro kündigte die nächste Band standesgemäß als "Band from Hell" an. Tito & Tarantula, diesmal mit neuer Bassistin, Caroline Rippy aka Lucy LaLoca, immer schön rhythmisch im groove ihres eigenen Basses bewegend. Da hat Herr Tito Larriva neben den Qualitäten als Basserin auch ein wenig auf den Style und die Optik geschielt. Also, böse gucken kann sie, obwohl, ich habe sie auch kurz lächeln gesehen, ne nee. Tito gewohnt lässig, trotz der Wärme mit fettem Kapuzenpulli, cool sein ist wichtig. Klasse anzusehen und echt ein wenig gruselig war auch Gitarrist "Steven Medina Hufsteter", was für ein Gesichtsausdruck. Btw. ist das ein echt mexikanischer Nachname?
Tito and Tarantula leben ein wenig von Ihrem Ruf die Band aus Tarantinos und Rodriguez' "From Dusk Till Down" zu sein. Dadurch haben sie leider immer ein Problem ihr neueres Material an den Mann zu bringen. So teilte sich das Publikum auch hier in Mitsinger/-tänzer und in Rumsteher und auf die Songs-aus-dem-Film-Warter. Fans der Mariachi-Rocker kamen aber trotzdem auf ihre Kosten und da wurde sich auch fleißig bei den Songs des letzten Albums "Back into the Darkness" auf Schultern im Rhythmus bewegt. Ich habe auch noch nie so ein elegantes Crowdsurfing gesehen ;-) .
Dann war es endlich so weit. Der Song, den nach Titos Angabe "everybody wants to hear", war an der Reihe. Um ein ordentliches Salma-Hayek-Feeling zu verbreiten wurden reichlich Damen auf die Bühne zum Tanzen geholt. Dann dufte es los gehen: "After Dark", plötzlich scheint dann doch jeder den Song zu kennen und die Tanz-Stimmung erreichte auch die hinteren Reihen. Irgendwie wollten die Damen und die 2 Herren die sich auf die Bühne gemogelten hatten jetzt auch nicht mehr zurück ins Publikum. Was soll's, der Stimmung tat's gut und so gab es nach einem etwas trägen Beginn mit Los Lobos Cover "la Bamba" noch einen schön schrägen Konzertabschluss.
Nach der letzten Umbauphase an diesem Abend wurde es richtig voll. Jetzt wusste ich, warum das Festival-Gelände so groß ist. Okay, und Die Happy zieht reichlich Publikum, zweite Erkenntnis. Schade, dass sich die ganzen Leute die großartigen Bands im "Vorprogramm" entgehen lassen. Hmm, was soll's.
Der Gig von Marta und ihren Jungs war Grundsolide, genau so wie das Publikum es mag, guter deutscher Pop-Rock zum abzappeln und mitsingen. Man merkt, dass "Die Happy" Dauer-Tourer sind und kaum ein deutsches Festival auf den die Ulmer noch nicht gespielt hätten. Routine zahlt sich eben aus, wobei ich hier bitte nicht Routine mit Langeweile gleichsetzen möchte. Die Happy machen Spaß, und wem die Musik der Band gefällt, wird immer auf seine Kosten kommen, dafür sorgen Marta und ihre Jungs schon. Für mich heißt es allerdings, vor den Menschenmassen den Abflug machen, sorry.
28.06.2014
Guten Morgen, was war ich gewissenhaft, erste Band und ich habe sie von Beginn an gesehen. Dass hatten übrigens schon reichlich andere geschafft, gegen Gestern echt erstaunlich viele. The Skapitanos scheinen hier eine robuste Fan-Gemeinde zu haben. Nicht dass jetzt jemand denkt, ich spreche hier von 4 stelligen Zahlen, nun mal langsam, dass natürlich nicht, aber ich war echt überrascht. Der Mariachi-Ska des Siebeners war echt der richtige Wachmacher, machte richtig gute Laune. Das anwesende Publikum sah das genauso und so wurde an allen Ecken vor sich hin getanzt, nicht schlecht für einen Opener am zweiten Tag! Es sollte echt noch ein paar Bands dauern bis die Stimmung wieder an diesem Punkt war. Also, Tip an alle Newcomerbands, die die Möglichkeit bekommen ein Festival zu eröffnen: Bringt alle eure Freunde, Familien und Nachbarn mit und verteilt sie im Publikum, alle anderen Besucher lassen sich dann leichter anstecken und ihr habt 'ne klasse Party zum Gig.
"Die sind doch gecastet" hörte ich neben mir und ich muss auch sagen, dass mir Gedanken an die Kaulitz-Brüder und Co nicht fremd waren, als ich Aloah From Hell auf die Bühne Hüpfen sah. "Hmm, keine Ahnung.", war mir auch auf einmal egal. 16 Jahre soll die sein, keine schlechte Rock-Stimme, okay einen Tokyo-Hotel-Faktor kann man nicht verhehlen und einen Vergleich mit Avril Lavigne muss sich Sängerin Vivi auch gefallen lassen. Aber sonst, echt klasse, rockt fast wie die Großen. Vivi läuft und springt, kommuniziert laufend mit dem Publikum. Dabei kommt sie echt natürlich rüber, ohne dass es aufgesetzt oder vor dem Spiegel eingeübt aussieht, wobei ich letztes natürlich nicht ausschließen möchte ;-)
Ansonsten, kann ich nur sagen, ein bisschen mehr eigener Stil könnte nicht schaden und auf die Dauer nervt das kokettierende Lolita-Gehabe schon ein wenig. Aber sonst, wenn ich eine Tochter hätte, die eine Aloah-from-Hell-CD haben möchte, hätte ich da kein Problem mit, denn musikalisch tausendmal besser und rockiger als der ganze andere Teenie-Pop-Schrott.
Es wird mal wieder Zeit um ein paar Rock'n Roll Cliches zu bedienen. Wer könnte das besser als fünf Typen die Eddie Guz, Kai Kidd, King O'Men, Stian Krogh und Chris Nitro heißen. Die Fünf sind The Carburetors - "die Vergaser", okay, "die dröhnenden Auspuffrohre" wäre auch treffend gewesen.
Die Show, die die Fünf auf der Bühne veranstalteten, war aber auch schon geil. Nicht nur mir hat das Spektakel gefallen, auch die Leute vor der Bühne sind heftigst abgegangen. Eine Lektion in Sachen Rock'n Roll gefällig? Erstmal ordentlich stylen, Schmalztolle, dicke Lederjacken und Pilotenbrillen. Dazu immer schön locker in den Knien, natürlich immer schön böse gucken und ab und an einseitig die Oberlippe anheben und Grinsen, yeah! Musikalisch irgendwo zwischen Old School Rock'n Roll und Psychobilly trifft's bei mir an diesem Nachmittag irgendwie genau ins Schwarze!
So machen Konzerte echt riesig Spaß. Das war einfach zum mitmachen und zum mitrocken. Ich werde auf jeden Fall versuchen mir die letzte CD Loud Enough to Raise the Dead der Norweger zu besorgen und wenn "The Carburetors" mal wieder nach Deutschland kommen, werde ich dabei sein, promised! Zum Ende des Gigs wurden nochmals alle Show-Register gezogen. Zunächst mit irgend so einem Glitterzeugs das auf die Bühne regnete, gefolgt von einem ordentlichen Feuerwerk aus Kai Kidds Gitarrenkopf. Dann übte sich Kai noch als Feuerspuker um schlussendlich nach bester Rock'n Roller Manier seine Gitarre zu zerschmettern und ins Publikum zu werfen. Die Kids vor der Bühne fanden diese Trophäen auf jeden Fall klasse.
Leider war dieser Gig viel zu schnell vorbei. Naja, aber die Jungs aus Oslo gaben auch noch nach dem Gig ihr Bestes, gaben reichlich Autogramme und besonders Kai Kidd machte auf Testosteron-Rocker und begab sich auf Groupie-Suche.
Ups, was für ein undankbarer Job nach den Carburetors auf die Bühne zu müssen. Schwerer Job für den Dreier The Rain der weniger bzw. gar nicht auf Showeffekte setzt, sondern musikalisches Können, ganz nach dem Motto: auf die inneren Werte kommt es an. Der Indi-Rock/Brit-Pop geprägte Sound von "The Rain" ist geprägt von einem sauberen Gitarren- und Bassspiel, dem vielschichtiges Zusammenspiel mit Schlagzeug und Gesang. Mal leicht angerockt, mal sanft und gefühlvoll.
Ehrlich gesagt: Irgendwie heute Abend nichts für mich, das ist mir alles viel zu tiefgründig und es wird dieser Musik einfach nicht gerecht, wenn man versucht, nach der Rockdröhnung vorher und ein paar Bierchen in der Sonne, etwas sinnvolles über die Jungs von "The Rain" zu schreiben. Auf "The Rain" sollte man sich konzentrieren und sie nicht zwischen 9 anderen Bands hören. Nichts für ungut.
Weiter geht's mit Berliner Punk - Frontkick. Klassisch Punk mit englischen Wurzeln. Einfache Melodien, eine rotzige Stimme und reichlich Mitsing-Potential. Die Bühnenshow der 4 Berliner ist ebenso wie die Musik solide und schnörkellos, einfach Punk. Eigentlich ziemlich gut, aber ich merke noch die Carburetors Nachwirkungen und so heißt es, erstmal Pause machen, zum Auto gehen und Bilder sichern.
Die The Bottrops aus Berlin-Kreuzberg haben also nichts mit der Ruhrpottkleinstadt zu tun. Johnny Bottrop und seine drei Bandkollegen schließen fast nahtlos an die Frontkicks an, nur eben ein wenig rockiger und irgendwie "Erwachsener". Oder sagen wir mal so; aus der Terrorgruppe entwachsen. Das Publikum quitiert die ordentliche Portion Punkrock mit Pogotänzen und die deutschen Texte werden aus reichlich Hälsen zurückgeschrien. Ein sauberer Auftritt der das Publikum aus dem Festival-Koller und der bei Bier und Sonne zwangsläufig einsetzenden Nachmittags-Lethargie heraus zieht.
So, was jetzt kam, hätte ich mal so gar nicht gedacht. Da musste echt ein Reggae-Hip-Hop-Sänger auf einem Rockfestival auftreten, um mich aus meiner Zweiter-Tag-Nachmittags-Trägheit zu reißen. Nicht schlecht, was Herr Wilson äh Nosliw und seine Feueralarm Band hier ablieferten!
"Reggae Vibes to Serengeti", yeah, nach eigenem Bekunden ein wenig Fehl am Platz, aber offensichtlich vom Publikum voll akzeptiert. Auf jeden Fall wurden die ersten Reihen an diesem Tag zum ersten Mal so richtig voll. Echt super sympatisch und mit einer schönen Portion Ironie. beeindruckend auch, wie Mister Nosliw immer wieder freestyle technisch das Serengeti-Festival in seine Texte einbaute. Insgesamt begeisterte Nosliw das Publikum mit seinen cleveren deutschen Texten und seinem erfrischenden Auftreten. Dies zeigt, dass auch in anderen Musikrichtungen gute Musik jenseits des Musikfernsehen existiert. Für das Serengeti-Publikum war es ein gelungener Blick über den Tellerrand und bei den Kommentare über die ach so böse guckenden Rockern, konnten diese beweisen, dass auch Rocker über sich selbst lachen können. Danke Herr Wilson.
So, nun endlich mein Höhepunkt an diesem Abend, Black Stone Cherry enterten die Bühne und vor der Bühne wurd's ein ganzes Stück enger. Musikerkollegen der vorherigen Bands strömten aus dem gemütlichen Backstagebereich und verteilten sich im Publikum. Richtig schöner Rock - Southern Rock kann also auch in Deutschland begeistern.
Der Sound ist Super, unglaublich. Dass diese Jungs noch mitte Zwanzig sind, kann man vielleicht sehen, aber anhören tun sie sich, souverän wie die absolut Großen dieses Genre. Nicht dass hier einer denkt "alt und langweilig", ganz und gar nicht, sauberer moderner Rock und das absolut klasse live rübergebracht. Ben Wells Gitarrenspiel ist einfach der Hammer und immer mit ordentlichen Headbangen. 10 Punkte in der B-Note. Das Publikum ließ sich davon anstecken und so wurde bis in die hinteren Reihen mitgemoscht. Insgesamt eine beeindruckende Show. Die Jungs bearbeiteten ihre Instrumente nicht nur so, dass es für die Ohren ein Genuss ist, sondern auch so, dass man optisch sieht, was das Wort "bearbeiten" bedeutet. Da wurden hinterm Kopf die Saiten bespielt oder die Saiten gar mit den Zähnen angeschlagen, wenn man damit mal nicht alle Gitarren-Show-Register zieht, oder?
Musikalischer und Show-Höhepunkt dann die beiden Solis von Ben Wells und Chris Robertson, evtl. ein wenig langatmig für's Publikum aber dadurch nicht minder beeindruckend. Besonders Herr Wells holte sich hier noch einmal eine ordentliche Portion extra Beifall ab. Zum Schluss gab's eine längst überfällige Action, die der guten Stimmung noch das I-Tüpfelchen aufsetzte. Dank eines unaufmerksamen Moments der Security, schaffte ein Zuschauer den ersten gelungenen Stagedive an diesem Abend, Respekt.
Irgendwie wurde es jetzt richtig voll, ach ja da war ja noch etwas, die Mädels von Revolverheld. Die hatten da doch so ein Fußballhit zur EM, klar da muss man ja auch als Fan mit 'nem Deutschland-Trikot auflaufen und vor allem muss man Viele sein. Egal, genug Leute haben die charming Schwiegersohnrocker zum Festival gezogen, da freut man sich ja mit den Veranstaltern (ehrlich)! Sänger Johannes betritt mit Krücken die Bühne und setzt sich auf einen von drei Barhockern und bleibt da. Bass und Gitarre hüpfen dafür immer schön synchron und das Publikum lässt sich damit bestens animieren ihnen das gleich zu tun.
Immer wieder rhythmisches Händeklatschen. Spiele wie: "in die Hocke und jetzt den Siegsprung üben", damit kann man ein deutsches Publikum doch immer noch prächtig bei Laune halten. Ach 'ne, die Carburetors machen auch mit und Kai Kidds lässt mal kurz von den Mädels ab. Beim netten Akustik-Stück "Mit Dir Chillen" kommen dann auch noch Barhocker für Florian und Kristoffer zum Einsatz. Aber warum jetzt Johannes 3 Hocker brauchte habe ich nicht verstanden.
Und dann kam ja noch Mia. Puh, was soll ich da schreiben? Kunst! Schön! Bunt! Und bitte erst bei Song X und Y fotografieren, sonst raus.