10 Jahre "People Like You" - Festival-Tour
Ein Label-Geburtstagder ordentlich gefeiert werden muss
Festivalbericht: People Like You Festival-Tour - Köln, 16.05.2009
Dass ein Line-Up mit 5 Bands an einem Samstag, an dem auch noch ab 23 Uhr Discobetrieb angesagt ist, einen frühen Start des Ganzen am späten Nachmittag erfordert, wurde uns leider erst ein wenig verspätet klar. Also Gaspedal runter und ab nach Köln und gerade noch die Live Music Hall zu "Born To Lose" erreicht. Toxpack leider verpasst.
Für uns ging es also direkt los mit den US-Punks Born To Lose und die waren für mich schon die absolute Überraschung, kannte ich doch bisher noch nichts von den Jungs. Mit reichlich Hardcore-Attitüde dreschten Chris Klinck und seine Mannen los und schon beim zweiten Song hing Chris über die Absperrung in den Zuschauern.
Absolut klasse Auftritt bei dem die Schublade Punk genauso gepasst hätte, wie die Schublade Hardcore, besonders Sänger Chris machte durch seinen Gesang deutlich wie unnütz solche Schubladen sind. Schade, dass die Halle noch nicht so richtig gut gefüllt war, denn die, die schon drin waren, schienen sich ordentlich von der Begeisterung der Band anstecken zu lassen. Chris Klinck hing immer wieder mit seinem Becher Bier im Publikum und dieses gröllte kräftig mit. Ach ja, hoffe Chris ist irgendwie aus den Kabeln wieder raus gekommen ;-)
Das war mal 'n Start nach Maß. Habe mir übrigens gleich nach dem Gig 2 CDs der Jungs zugelegt, geile Band auch auf Scheibe. Losen tut hier nur der, der bei Born To Lose nicht abgehen kann. Wenn man nach dem Gig mal am hauseigenen Biergarten vorbei kam, konnte man die Jungs noch bei ihrer Lieblingsbeschäftigung sehen, Bier trinken und lautstark singen.
Und gleich noch ein Highlight - The Creepshow. Rock'n Roll, ähh Psychobilly mit Frontfrau Sarah Sin, jetzt füllte sich die Live Music Hall plötzlich, so voll sollte sie übrigens erst wieder beim Hauptact den Broilers wieder werden. Die Lady ist echt ein Hingucker, kaum eins-sechzig groß (geschätzt), Dürchen, Piepsige Stimme - aber - eine Riesen Bühnenpräsenz. Die Dame hat's rocktechnisch echt ziemlich drauf, kommunizierte häufiger mit dem Publikum, versäumte dabei nicht einige rüpelhafte Herren an ihre Gentleman-Ehre zu packen und ihnen deutlich zu machen, dass es nicht besonders Cool ist, Mädels durch die Gegend zu schubsen.
Der Gig der Creepshow verging leider viel zu schnell, denn die Simmung stieg von Song zu Song und es wurde reichlich mitgetanzt (zumindest mitgewippt) und mitgesungen. Sarah wirbelte mit ihrer Gitarre über die Bühne und Basser Sean, Keyboarder "McGinty" und Drummer "Matt" versuchten ordentlich dagegen zu halten. Aber mal ehrlich, hinter Sarah auf der Bühne zustehen und dabei eigene Akzente zu setzen, dürfte ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Als dann plötzlich Ramones' "Pet Cemetery" erklang, war einem schnell klar, dass dies wohl der letze Song dieser super sympathischen kanadischen Combo an diesem Abend sein sollte, schade.
Nach dem Gig fand man Sarah dann unentwegt am Merchstand wieder, immer mit dem einen oder anderen Fan einen Plausch haltend. Echt Sympatisch.
Heidewitzka, Demented Are Go, ich glaube das war Mitte der 80er und ich war 15 oder 16, Platten waren schwarz und glitzerten nicht silbern und Freunden nahm man Tapes auf. Durch so ein Tape bin ich da wohl auf "Demented Are Go" gestoßen und ließ mich davon zum Plattenkauf animieren. Und nun endlose Jahre später sehe ich die Godfathers des Psychobilly mal live. Nicht schlecht.
Keine Ahnung wie alt Mark „Sparky“ Philips mittlerweile ist, aber sein Alter sieht man ihm dank reichlich "Make-Ups" nicht an ;-) . Bitte jetzt nicht an Boris Lockenkopf und "germany's next Top-Probierdame" denken. Das Make-Up gehört Genre-gemäß ehr in die Kategorie Zombie-Like, Weiß, grau und reichlich Kunstblut erfüllen da eher ihren Zweck als dieses Puderschnallenzeugs.
Psychobilly-Fans aus dem Rhein-Ruhrgebiet kamen nun voll auf Ihre Kosten, und da waren einige Flat- und Hörnchenträger im Publikum. Sänger Sparkys extreme Stimme ist immer noch zum Fürchten und passt zu den Horror-Texte über Vampire, Werwölfe und sonstige Horrorwesen. Showtechnisch ist es natürlich schwer an Sparky ranzukommen, aber Grischa am Bass, macht auch schon ordentlich was her. Auf jeden Fall macht es Spaß die Jungs zu begucken. Musikalisch merke ich, dass mir bei Demented Are Go so ca. 20 Jahre Bandgeschichte fehlten, ich konnte mich gerade mal an "Be bop a lula" und, ich glaube, es war, "Busted Hymen" erinnern.
Mir hat der Auftritt der Süd-Engländer auf jeden Fall gut gefallen, auch wenn's für die jüngeren Ohren unter den Anwesenden ein wenig angestaubt klang. Was soll's, zu AC-DC und Metallica gehen ja auch noch immer Leute hin, oder? Also jedem seine Legenden und das sind Sparky und seine Jungs für Psychobilly- und Rockabilly-Fans zu 100 Prozent.
So, nun war es soweit, der Grund für 70 Prozent der Leutz sich in die Live Music Hall zu begeben, die Broilers enterten die Bühne und sofort war im Publikum die Hölle los. "Zurück zum Beton" ist aber auch ein klasse Starter. Die Setlist konnte vorher übrigens per Gewinnspiel auf der Broilers Website mitbestimmt werden. Die Stimmung stieg stetig und Sammy tat das Seine, dass dies auch bis zum Schluss so blieb. Immer wieder Dank und Lob ans Publikum. Tja, der Mann weiß wie man ein Fast-Heimspiel offensiv gestallten muss.
Die Live Music Hall war nun so etwas von vollgestopft, vor und zurück ging gar nicht und der Biernachschub wurde zu einer logistischen und körperlichen Herausforderung. Überall wurden die Songs mitgegröllt und auch in den hinteren Reihen wurde getanzt und die Fäuste in die Luft gestreckt. Zwischendurch gab's dann von Sammy einige deutliche Worte gegen Faschos und den "braunen Dreck", von dem sich die Broilers wohl öfter mal distanzieren müssen. Bei den Fans wurden solche Sprüche zwar bejubelt, aber bei zumindest zwei Leuten scheint es wohl gerade nur Mode zu sein, nicht Nazi zu sein. Ja, ich habe lange Haare und ich find die Broilers trotzdem Klasse, naja vielleicht wirkt Alkohol auch auf wenig Hirn nur überproportional stark, wer weiß das schon?
Zurück zu Wichtigerem. Die Broilers drehten mächtig auf, Ines und auch die Jungs immer wieder mit direktem Augenkontakt zum Publikum, eigentlich sollten alle in den ersten Reihen an diesem Abend das Gefühl gehabt haben, persönlich von Ines oder den Jungs begrüßt worden zu sein: "ej, schön das Du gekommen bist." Das Publikum tat alles um dieses Gefühl zurückzugeben. Hab' schon lange keine Band mehr gesehen, die so mit Ihrem Publikum verwurzelt zu sein schien, wie die Broilers an diesem Abend.
So wurde Song für Song die Setlist abgespielt, bis anscheinend zum Schluss die Zeit knapp wurde (Erinnerung: ab 23 Uhr Discobetrieb). Überflüssige Pausen zwischen den Zugaben wurden gekappt und Kondition gebolzt. Als die Broilers dann die Bühne verließen waren gut 20 Songs einschließlich dem Medley "Hans im Glück, Paul der Hooligans und Punkrock Lovesong" unters Volk gemischt. Ich kann nur sagen, Broilers - Immer immer wieder gerne!
P.S. An den 130-Kilo-Idiot, der nur weil er mal einen Song kannte rücksichtslos in die Halle stürmen und dabei meine Freundin gegen die Wand schleudern musste: „Arschloch!“