Jeremy Bolm (Touche Amore) - 05.12.2010

Gerade ist die Tinte auf dem Vertrag bei Deathwish trocken geworden, da bekam ich die Gelegenheit in Essen die Band Touché Amoré aus Los Angeles näher kennenzulernen. Lange musste ich Sänger Jeremy Bolm nicht suchen und so wählten wir die Bank an der Straßenbahn als Ort des Interviews

Hendrik: Hallo Jeremy, ich hoffe, hier draußen in der Kälte wird deine Stimme nicht vollständig weggehen?

Jeremy: (lacht) Ich werde mein Bestes tun, damit das nicht passiert.

Hendrik: Erst einmal das Naheliegendste: Ihr habt einen neuen Vertrag bei Deathwish unterzeichnet. Wie kam es zu dem Kontakt? Ich weiß, Ihr habt schon ein paar Touren mit Deathwish-Bands machen können.

Jeremy: Ja, das stimmt wir trafen Tre [McCarthy] 2009 auf dem Sound & Fury Festival und starteten danach die Tour mit Converge, wo wir dann auch Jacob [Bannon] kennenlernten. Es fühlte sich richtig an bei Deathwish zu unterzeichnen, und so machten wir es. Ist ja auch ein sehr gutes Label.

Hendrik: Auf jeden Fall! Wenn man jetzt eure Musik hört, erkennt man viele Stilelemente aus den 90s wieder. Wollt ihr das Rad gar nicht neu erfinden, weil ihr sagt: 'Was gut ist, braucht man nicht verändern'

Jeremy: Wir nehmen zwar Bezug auf die Bands der 90s, aber ebenso auf den Modern Hardcore. Wir kombinieren beides und machen etwas eigenes daraus.

Hendrik: Es gab ja in der Szene ein wenig die Tendenz zum Sludge, mit langsamen und schleppenden Sound, hatte ich das Gefühl.

Jeremy: Wir bleiben da schön kurz und kommen schnell zum Punkt.

Hendrik: Könnt ihr denn ein paar Einflüsse nennen, die jetzt nicht unbedingt etwas mit dem Hardcore Genre zu tun haben?

Jeremy: Wir hören auch eine Menge Indie. Das fließt natürlich auch irgendwie in die Musik ein.

Hendrik: Könnt ihr ein paar Bands nennen, vielleicht?

Jeremy: Belle & Sebastian, The National, My Bloody Valentine...

Hendrik: Kommen wir zu den Texten, die ja von dir geschrieben sind. Sind sie eher kryptisch oder metaphorisch zu verstehen?

Jeremy: Ich bin jetzt kein Superhirn, sondern schreibe das auf, was mir in den Sinn kommt. In den Situationen selbst, bleibe ich meistens still. Ich setze mich hin und schreibe über die Momente, die ich erlebe. So entstehen die Texte für die Songs.

Tatütata (eine Sirene unterbricht uns)

Hendrik: (beide lachen) Hier haben wir heute auch alles... es ist also eine Art von Tagebuch zum verarbeiten deiner Erfahrungen?

Jeremy: Genau, ich versuche dabei möglichst ehrlich zu sein, was für mich auch Schwierigkeiten mitbringt.

Hendrik: Das bringt uns zu dem Titel des aktuellen Albums.

Jeremy: "...To the Beat of a Dead Horse."

Hendrik: Der Titel ist taucht ja auch in einem der Songs auf, was bedeutet er? Auflehnung gegen Obrigkeiten?

Jeremy: Das trifft es nicht. Es ist eher so, dass ich mit meiner Stimme 'nur' schreie und sonst nicht handle. Ich beschwere mich, tue aber nichts dagegen. Man kommt nicht voran: '...marching to the beat of a dead horse'.

Hendrik: Und die nächste Platte?

Jeremy: Wir spielen schon ein, zwei neue Lieder heute abend. Sind aber noch in der Entstehung. Es wird aber nächstes Jahr fertig sein. Die Lieder handeln nicht mehr davon, sich über etwas zu beschweren, sondern auch etwas dagegen zu unternehmen.

Hendrik: Also eine persönliche Weiterentwicklung zwischen den beiden Stücken? Der nächste Schritt sozusagen muss gemacht werden.

Jeremy: Exakt.

Hendrik: Wie steht es denn mit den verschiedenen Teilen der Hardcorephilosophie? DIY, sXe, Veganismus usw?

Jeremy: Klar, es ist noch nicht lange her, da habe ich selber Cover gemacht und alles was dazugehört. Nun haben wir aber einen sehr guten Booker in den USA und auch Deathwish kann man ja nicht wirklich als DIY Label bezeichnen. Ein paar aus der Band sind Vegetarier, ich selbst bin Straight-Edge, das schon seit meinem 14. Lebensjahr. Allerdings würde ich die Band nie als sXe-Band bezeichnen.

Hendrik: Das bringt mich zu Vitamin X, mit denen Ihr die Show heute abend habt. Kennt ihr euch schon?

Jeremy: Ich leider noch nicht, aber unser Drummer ist ein Fan. Ich bin sehr gespannt, da ich schon sehr viel Gutes gehört hab.

Hendrik: Wie sieht der Rest der Tour aus?

Jeremy: Demnächst werden wir mit Youth Brigade auf der Bühne stehen. Das ist unglaublich, das kann auch nur in Deutschland passieren. Darauf freuen wir uns riesig!

Autor: Frank Reins

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