Zerstört das Huxley's!
Kreator mit Morbid Angel auf Deutschlandtour
Konzertbericht: Kreator - Berlin, Huxley's, 01.12.2012
Daher kann ich an dieser Stelle leider nichts zum Gig der Band sagen. Schon ärgerlich, wenn solche Änderungen nicht mal im Internet angekündigt werden können, das ist doch wirklich kein Aufwand.
Nach einer kurzen Umbaupause durfte sich dann Nile in der zu dem Zeitpunkt erst halb gefüllten Halle an der Hasenheide präsentieren. Ihr Highspeed-Death-Metal mit nicht unerheblichen Blastbeat-Anteilen passte natürlich ganz gut zum Package und kam dementsprechend auch ganz gut im Publikum an. Ohne große Showeffekte und mit einer eher düsteren Atmosphäre auf einer eher sparsam ausgeleuchteten Bühne zockten die Amerikaner routiniert ihren Set herunter. Einzig zu bemängeln wäre wohl, dass der Bewegungsradius und die Showambitionen der Musiker sich doch in engen Grenzen hielten. Aber andererseits verlangt der hohe technische Standard natürlich auch eine gewisse Konzentration aufs Instrument.
Als nächstes waren Morbid Angel an der Reihe. Die Death Metal Legende aus Florida enterte selbstbewusst mit dem Klassiker "Immortal Rites" die Bühne und hatte das Publikum sofort im Griff. David Vincent überzeugte einmal mehr als charismatischer Frontmann, der sich manchmal aber auch für meinen Geschmack zu übertrieben in Szene setzte. Naja, Geschmackssache, das Publikum war jedenfalls überwiegend begeistert. Da der eigentliche Schlagzeuger Pete Sandoval sich noch von einer Rücken-OP erholen muss, wurde er auf dieser Tour von Tim Yeung vertreten. Der meisterte seine Aufgabe hervorragend und beeindruckte durch ein präzises Drumming, bei dem so ganz nebenbei noch die Sticks und Arme gewirbelt wurden als hätte der Typ vier Arme. Aber Moment mal, Kreator und Morbid Angel, war da nicht was? Richtig, auf der 1995er US-Tour gerieten sich Mille und David wegen eines Nazis im Publikum in die Haare, als Vincent, sich auf die Meinungsfreiheit berufend, den Rauswurf des Typen verhinderte. Nun, soll sich jeder ein eigenes Bild von der Gesinnung von David Vincent machen, anscheinend ist der Vorfall inzwischen geklärt und ich hätte ihn jetzt eigentlich auch nicht mehr aus der Kiste geholt, wenn mich nicht Leute mit unzweideutigem Outfit im Publikum daran erinnert hätten...
Aber zurück zur Musik. Der Schwerpunkt lag bei diesem Set auf altem Material, bei den Klassikern wie "Maze of Torment", "Lord of all Fevers and Plague", "Chapel of Ghouls", "Fall from Grace", "Rapture" und "Pain Divine" blieben kaum Wünsche offen. Vom aktuellen Album "Illud Divinum Insanum" wurden dagegen nur "Existo Volgoru" und "Nevermore" präsentiert und ich muss zugeben, dass ich ganz froh war, dass die Rammstein-meets-Ministry-mäßigen Songs in der Kiste blieben. Zum Ende hin wurde es dann mit "God of Emptiness" nochmal düster und doomig, bis mit "World of Shit" am Schluss dann nochmal die Blastbeat-Keule ausgepackt wurde.
Vor dem Gig von Kreator wurde vor der Bühne erstmal ein großer weißer Vorhang aufgezogen. Als dann das Licht ausging wurden darauf alte Albumcover und Fotos aus der Bandgeschichte von den frühen 80ern bis heute projiziert, dazu kam "Personal Jesus" in der Version von Johnny Cash vom Band. Mit dem Wechsel zu "Mars Mantra", dem Intro des neuen Albums war klar: "gleich geht´s los!". Und zupp war der Vorhang unten und machte den Blick frei auf die aufwändig dekorierte Bühne und die Band, die mit "Phantom Antichrist" einen großartigen Start hinlegte. Mit "From Flood into Fire" gings gleich mit den neuen Sachen weiter, von denen im weiteren Verlauf noch "Civilization Collapse", "Death to the World" und "United in Hate" abgefeiert wurden. Für mich ist "Phantom Antichrist" inzwischen eines der besten Kreator-Alben überhaupt! Schade fand ich nur, dass bei "Civilization Collapse" nicht das Tribal-Drumming von der Platte mit ein paar zusätzlichen Toms auf der Bühne umgesetzt wurde, aber wahrscheinlich wollte man vermeiden zu sehr auf Sepultura zu machen. Trotzdem schade, das wäre für mich noch ein i-Tüpfelchen gewesen...
Fantastisch anzusehen war auch das Bühnenbild, das komplett mit Szenen aus dem Albumcover von "Phantom Antichrist" dekoriert war, inklusive Monsterskulpturen und abgetrennten (Plastik-)Köpfen. Die geniale Lichtshow tat ihr übriges, ergänzt von den gezielt und effektvoll eingesetzten Nebelfontänen.
Auch die restliche 2000er Schaffensphase wurde mit "Enemy of God", "Hordes of Chaos", "Voices of the Dead", "The Patriarch" und "Violent Revolution" ausreichend gewürdigt. Es gibt so viele alte Bands, bei denen oft nur die Klassiker und ein paar Songs vom neuen Album gespielt werden, während die anderen späten Alben eher unter den Tisch fallen, weil sie eben oft auch nicht so der Bringer sind. Kreator zeigen hier sehr erfrischend, dass das nicht die Regel sein muss. Na gut, die 90er Jahre waren mit "People of the Lie" und "Phobia" dann schon eher dünn vertreten, aber das kann man sicher auch verschmerzen.
Der Klassiker-Anteil konzentrierte sich überwiegend zum Ende des Konzerts und war u. a. mit "Endless Pain", "Pleasure to Kill" und "Flag of Hate" eher berechenbar und ohne große Überraschungen. Andererseits waren gerade die "Hits" aber auch immer wieder zusammen mit den anpeitschenden Ansagen von Mille ("zerstört das Huxley´s!") Auslöser für Circle-Pits oder Moshingausbrüche in der Menge. So muss ein Thrash-Konzert sein! Mit dem obligatorischen "Tormentor" ging dann ein großartiger Abend zu Ende. Persönliches Fazit: Es ist schon sehr erfreulich zu sehen, wo der Thrash Metal nach dem tiefen Absturz Ende der 90er heute wieder steht. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht...
Das Konzert wurde übrigens von Tape.tv aufgezeichnet und ist kostenlos im Internet verfügbar.