Paul Ramirez & Jon Darbey (The Flatliners) - 18.11.2013

Da Chris Cresswell seine Stimme aufgrund gesundheitlicher Probleme und eines vorherigen Radiointerviews schonen musste, sowie auch ein wenig Hunger hatte, gab es diesmal nur ein Interview mit dem Bassisten und Drummer der Flatliners. Doch was heißt "nur"? Jon Darbey und Paul Ramirez sind zwei echt großartige Jungs, die auch ne Menge zu sagen haben.

Jöran: Wie ist die Tour bisher?

Paul: Sehr gut, wir haben bisher ne Menge Spaß. Diese Tour hatte aber einen schwierigen Start, weil Austrian Airlines elf unserer Taschen verloren hat. Wir standen also bei der ersten Show ohne Merchandising und Equipment.

Jöran: Ihr musste euch also alles leihen?

Paul: Ja, wir haben die Gitarren, Verstärker und Effektgeräte von ASTPAI benutzt. Wir haben sogar einen Typen in Linz 50 Shirts für uns drucken am Tag der Show drucken lassen. ASTPAI haben dann gefragt, ob jemand aus Linz zu der Show in Wien kommen würde und die haben uns dann die Shirts mitgebracht. Wir hatten aber nur ein T-Shirt...

Jöran: Ihr habt jetzt aber alles zurück?

Paul: Uns fehlt noch immer eine Tasche.

Jon: Ja, eine fehlt noch...

Paul: Es fehlt noch ein bisschen Merch und Chris' Stage Equipment.

Jöran: Es ist aber nichts persönliches, was fehlt?

Jon: Naja, alle Kabel und Effekte, die Chris gehören.

Paul: Und ich vermisse meine Tasche auch noch, war ein echt toller Koffer, den ich gerne zurück hätte. Wir versuchen immer noch heraus zu finden wo es ist. Vermutlich immer noch in New York.

Jöran: Ihr seid von New York aus geflogen? Wart ihr vorher auf Tour?

Paul: Nein, wir sind nur umgestiegen. War billiger...

Jöran: Ihr wart verdammt viel auf Tour in den letzten Jahren. Habt ihr keine Lust mal auszuspannen? Und habt ihr keine Angst auszubrennen?

Jon: Wir sind ja immer ein wenig zu Hause und versuchen uns nicht total zu verausgaben. Aber da ist natürlich immer ein Unterschied dem, was man sagt und was man macht. Und so werden immer mehr Konzerte gebucht und gebucht.

Paul: Ich denke auch, dass ich zu Hause weit mehr zu tun habe, als auf Tour. Touren ist für mich also eine Art zu relaxen.

Jöran: Habt ihr schon Pläne für nächstes Jahr, was Festivals und so angeht?

Jon: Wir haben schon ein paar Gespräche geführt, wann wir zurück kommen, noch ist aber nichts offiziell.

Paul: Noch ist nichts fest, aber da sind ein paar Schlüssel-Festivals, wo wir spielen wollen. Und im Januar geht es nach Mexico. Es gibt auch Pläne das neue Album in Australien zu präsentieren.

Jöran: Gibt es bei euch eigentlich mal eine Zeit, wo ihr wirklich gar nichts macht? Wo ihr euch gar nicht seht? Ihr tourt jetzt noch bis kurz vor Weihnachten und im Januar schon wieder nach Mexico...

Paul: Das ist nur für 5 Shows. Normalerweise sind Januar und Februar aber unser Winterschlaf.

Jon: Aber dem Schnee entkommen und ins Warme fliegen ist auch mal schön.

Jöran: Lass uns ein wenig über "Dead Language" sprechen. Für mich klingt das Album ein bisschen härter als "Cavalcade". Hab ihr das so gewollt oder ist das einfach so passiert?

Paul: Viele der Songs wurden quasi "live off the floor" eingespielt. Du hörst also nur uns spielen, kein Metronom, kein Sequencing, nur wir. Wir spielen also so, wie wir denken, dass die Songs klingen sollen. Viele der Songs sollten auch eigentlich nicht so aufs Album, sondern waren wie ein Demo aufgenommen.

Jöran: Ich habe irgendwo gelesen, ich glaube Chris hat das gesagt, dass "Dead Language" sehr viel von Konflikten handelt. Wird das in der Musik reflektiert?

Paul: Wenn wir Musik schreiben ist da meistens erst mal keine große Idee hinter.

Jon: Ich bin mir da aber beim Texten nicht so sicher...

Paul: Textlich bin ich mir nicht so sicher. Es geht um Dinge im Leben, die uns verändert haben, als Gruppe, von Business her oder auch persönliche Beziehungen. Es ist ne Menge Arbeit solche Dinge am Leben zu erhalten, während man auf Tour ist.

Jöran: War nicht "Cavalcade" schon viel übers Tourleben? Und ist es für euch als Band wichtig, ein Statement darüber abzugeben, wo ihr euch gerade im Leben befindet?

Paul: Ich glaube, wenn der Text zusammenkommt, ist es meist ein Zufall, der passieren musste. Du gehst dann einen Schritt zurück und siehst dir das Resultat an und siehst, dass es so sein sollte. Ich denke nicht, dass da ein wirkliches Konzept hinter steckt, das Album so zu schreiben. Wir verbringen 90% des Jahres auf Tour, also schreiben wir darüber.

Jöran: Was bedeutet der Titel des Albums für euch?

Paul: Wir machen immer den Scherz,dass im Jahr 2013 ein Album zu veröffentlichen, also auf CD, wie eine tote Kunstform aussieht.

Jöran: Und wie beziehen sich Cover und Artwork darauf?

Jon: Hm, ich weiß gar nicht. Es ist schon alles sehr dunkel.

Paul: Was ich darin sehe ist "Dead Hands", einer der Songs auf dem Album. Wir haben dem Artist einfach den Titel und ein paar Songtitel gegeben und er hat das daraus gemacht. Er hatte so eine grundsätzliche Idee, was wir uns vorstellen. Er hatte auch das Album um es sich anzuhören.

Jon: Der Künstler heißt übrigens HorseBites. Ein großartiger Künstler.

Jöran: Aus Toronto?

Paul: Nein aus Florida. Er war Drummer bei New Mexican Disaster Squad und ist jetzt hauptsächlich Künstler und hat auch noch ne Klamotten-Firma namens VNM. Er ist echt großartig!

Jöran: Ihr seid als Band mit jedem Album größer geworden. Vor 4 Jahren wart ihr in Europa noch Support für NOFX. Alles spricht über euch. Setzt euch das unter Druck?

Jon: Nö, wir sind immer noch die selben Dudes, die immer noch die selben Songs spielen.

Paul: Es ist natürlich schon schön, ein wenig bekannter zu sein. Man wird besser behandelt. Aber für uns, wir machen das schon so lange. Wir kommen seit 6 Jahren nach Europa, gestern haben wir in Berlin im Cassiopeia gespielt, in dem Club haben wir schon vor 6 Jahren auch mit ASTPAI gespielt. Fühlt sich ein wenig an, wie in einer Zeitmaschine.

Allerdings war die Zahl der Zuschauer natürlich größer als beim ersten Mal und das ist es, was über die Jahre konstant geblieben ist.

Jöran: Setzt euch das denn beim Schreiben von neuen Songs unter Druck?

Paul: Wir schreiben einfach für uns selbst.

Jon: Es ist bei uns im Grunde so, dass einer von uns ein Riff oder nen Chorus oder ne Melodie hat.

Jöran: Es ist also immer noch ein Band-Dingen? Ihr habt keinen Haupt-Songwriter? Chris zum Beispiel?

Jon: Er schreibt große Teile der Songs, es müssen aber alle vier von uns mit dem Song einverstanden sein. Wenn dem nicht so ist, probieren wir was Neues aus.

Jöran: Inwiefern fließen die Meinungen von anderen in die Songs ein? Familie, Freunde, Fans?

Jon: Naja, wenn wir mit nem Song nicht zufrieden sind, wollte ich ihn auch nicht veröffentlichen. Ist vielleicht ein wenig egoistisch, aber naja.

Jöran: Ihr müsst die Songs ja aber auch auf der Bühne spielen, also müsst ihr auch Spaß daran haben.

Jon: Genau das ist es.

Paul: Wir würden nichts veröffentlichen, mit dem wir nicht zufrieden sind, wir wollen aber auch nichts veröffentlichen, was Menschen von der Band entfremdet. Das muss man immer abwägen. Wenn wir einen Heavy-Song schreiben wollen und damit vielleicht Fans verschrecken würden, würden wir den Song immer noch schreiben.

Jon: Wir schreiben, was wir hören wollen und den Leuten gefällts. Das ist der Bonus!

Jöran: Was ist dann euer Lieblingssong auf dem Album? Habt ihr sowas?

Jon: Auf dem neuen?

Jöran: Muss nicht, Du kannst auch einfach Deinen "All-time-favourite" sagen...

Jon: Ich habe ehrlich gesagt überhaupt keinen Plan. Das sind verschiedene Dinge, die ich an verschiedenen Songs mag. Einige höre ich sehr gerne, andere spiele ich gerne live. Ich kann das echt nicht beantworten...

Paul: Vom neuen Album? Das ist hart...

Jöran: Worüber ich mich immer wunder ist, dass es so aussieht als würdet ihr die ganzen Ska- und Offbeat-Wurzeln rausnehmen. Auf "Cavalcade" gab es noch "He Was A Jazzman" und zum Teil noch "Monumental". Macht ihr das mit Absicht? Oder ist das eurer derzeitigen Lebenssituation geschuldet?

Jon: Wenn jemand mit einem Riff kommt und meint 'Man, das braucht nen Upstroke um es klingen zu lassen.', dann würden wir das auch wieder machen. Aber es ist nun mal so, als wir so 13 bis 14 waren, haben wir das selber gehört, so Sachen wie Suicide Machines und so Bands.

Aber elf Jahre später haben wir alle einen etwas anderen Musikgeschmack. Man wird erwachsen, sind aber definitiv nicht für immer davon weg.

Jöran: Hat FatWreck da irgend einen Einfluss auf euch?

Paul: Ich glaube auf "Cavalcade" hatte Fat mehr Einfluss.

Jöran: Ihr seid jetzt auch auf New Damage Records. Könnt ihr ein bisschen was zum Label sagen?

Paul: Es ist ein kanadisches Label, das weltweit verlegt. Wir wollten aus verschiedenen Gründen mit ihnen zusammenarbeiten. In den USA und in Japan kommt das Album aber natürlich noch über FatWreck raus und überall sonst arbeiten die Labels zusammen, was echt cool ist. Es ist ein Schwester-Label von Dine Alone, die großen Einfluss in Kanada haben und wissen, was sie geschäftlich tun, daher dachten wir, warum nicht. Wir haben bisher jedes Album mit nem anderen Label in Kanada veröffentlicht. New Damage ist die neuen Punk- und Metal-Sparte bei Dine Alone.

Jöran: Oh, ich bin fast durch. Noch ein Monat in diesm Jahr, was ist euer Lieblingsalbum bis hierhin?

Paul: Hm, wahrscheinlich das The Bronx Album, das an Valentine's Day raus gekommen ist.

Jon: Für mich definitiv zu 100% A Wilhelm Scream "Partycrasher". Definitiv! Absolut!

Jöran: Und was hört ihr, wenn ihr auf Tour seid?

Beide: The Bronx und Partycrasher.

Jon: Ne Menge Sachen. Kommt drauf an, wer die Kontrolle über die Musik hat.

Paul: Heute war zum Beispiel Japandroids dran.

Jöran: Was haltet ihr eigentlich von eurem Bürgermeister? Oder ist das doof, andauernd danach gefragt zu werden?

Jon: Du bist ehrlich gesagt, der erste, der danach fragt... Momentan ist das noch lustig.

Paul: Es wundert mich echt, dass er noch im Amt ist. Es ist schon ein wenig hart, wenn man in Toronto ist. Ich war während der Pressekonferenz arbeiten und dachte 'No Way!'

Jöran: Ihr Jungs arbeitet während ihr zu Hause seid?

Jon: Ja, wir haben recht ungewöhnliche Jobs.

Paul: Ja, ein wenig seltsam. Jon arbeitet in nem Restaurant, ich bei der Brauerei, die das Restaurant beliefert.

Jöran: Aber nicht bei der Brauerei, die das Tom Green Bier herstellt, oder?

Paul: Ja, doch! Cool! Wir machen das Tom Green Bier. Lustig, dass Du das kennst. Das ist sogar wirklich gut. Wir brauen auch viel nach deutschem Rezept. Sehr gutes Bier!

Autor: Jöran Kuschel

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