The Flatliners - Cavalcade

The Flatliners - Cavalcade

Zugegeben: Dies war eine der Platten, vor denen ich Angst hatte. Einfach daher, weil ich die Gefahr sah, das mit "Cavalcade" nicht an das hohe Niveau der beiden Vorgänger anknüpfen, könntent. Doch weit gefehlt. Die Scheibe hat die Latte noch ein Stück höher gelegt.

Musikalisch und technisch knüpft "Cavalcade" genau da an, wo "The Great Awake" und "Destroy to Create" aufgehört haben. Wieder gibt es krachende Gitarrenwände, hervorragende Wechselgesänge mit Background-Shouts und Chris Antworten im Vordergrund und auch die grandiose Reibeisenstimme von Sänger Chris Chresswell findet wieder genug Platz zur Entfaltung, wenn auch seltener als bisher, vielleicht mein einziger Kritikpunkt.. Getragen wird das Ganze weiterhin von der hervorragenen Gitarrenarbeit Scott Brighams und der harten Arbeit der Rhythmussektion um John Darbey und Paul Ramirez.

Doch was wirklich erstaunlich ist, ist, dass man es nach 2 so überragenden Vorgängern noch einmal ein Schippe an Brachialität, Songwriting und textlicher Entwicklung drauflegen kann. Alle Songs der Platte sind extrem ausgefeilt und finden ein ideales Maß zwischen Brachialität, hohem Tempo, Melodie und einfach schönen Punksongs. Besonders hervorheben möchte ich hier "Here Comes The Treble", "He was a Jazzman" und "Monumental".

"Here Comes The Treble" zeigt das ganze Können der vier Kanadier: Hohes Tempo, Brachialität und einen grandiosen Cresswell, der hier auch einen sehr schönen tiefgründigen Text über familiäre Akzeptanz geschrieben hat und in den ruhigeren Passagen zeigt, dass er neben der perfekten, rauhen Shout-Stimme, die er in "Bleed" noch so schön präsentiert, auch ganz passabel singen kann.

Ein Gegenstück hierzu bildet "He was a Jazzman", welches mal wieder die Qualität der Band beweist, sich auch im Bereich der ins Off verschobenenen Gitarren wohl zu fühlen. Durhc die eingesetzte Orgel wird dazu es fast schon karibisch... Textlich extrem weit vorne, wie hier das Thema Tod und Schwäche verarbeitet wird.

Bei "Monumental" muss ich sagen, dass ich vor allem von diesem grandiosen Gitarrenriff begeistert bin, welches mich spontan an die Labelkollegen von Dead To Me erinnert. Sehr fein gezockt. Aber auch vom Mitsing-Character ist dieser Song weit vorne. Gut, ich gebe zu, es ist kein "Eulogy", aber nah dran, wie ich meine.

Diese kleine Auswahl soll aber nicht bedeuten, dass die anderen Songs der Platte nur Füllmaterial sind. Dies auf gar keinen Fall! Wie eigentlich immer ist jeder Song der Flatliners ein richtiges Brett. "Carry the Banner" oder "Liver Alone", ein sehr kritischer Song über übermäßigen Alkohol-Konsum, sind Granaten und auch "Count your Bruises" steht dem in nichts nach.

Mit "Cavalcade" sind The Flatliners für mich auf einem Level angekommen, welches sehr schwer sein wird, von einer anderen Band in diesem Musikbereich zu übertreffen. Quasi auf dem Thron des Punkrock. Drei Alben in einer solchen Qualität abzuliefern muss man auch erst mal schaffen. Und wir sprechen hier über die drei ersten Alben. Gemessen am Alter der Jungs darf man sich also auf noch viele schöne Jahre mit den vier Kanadiern freuen. Fraglich nur, ob "Cavalcade" noch einmal zu toppen sein wird. Doch genug des Lobes: Zieht euch die Scheibe einfach rein!

Autor: Jöran Kuschel

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