NMA, Laibach und Juno Reactor in Köln

10tes New Model Army Weihnachtskonzert mit seltsamen Support

Konzertbericht: New Model Army - Köln, Palladium, 19.12.2009

Wer öfter mal bei Musikinstinkt vorbei schaut, hat bestimmt schon mitbekommen, dass ich ein wenig New-Model-Army-affin bin. Irgendwie sind Justin Sullivan und seine Truppe seit Mitte der 80er so ziemlich die einzige Konstante in meinem Musikgeschmack. Eine Konstante bei NMA sind wiederum die Weihnachtskonzerte im Kölner Palladium, deren 10tes dieses Jahr stattfand.

Eigentlich hatte ich ja erst letzten Monat über ein -Konzert berichtet und wollte das diesmal sein lassen, aber irgendwie reizte es mich schon etwas zu schreiben. Immerhin schaffen es Justin Sullivan seit 10 Jahren regelmäßig das Palladium mehr oder weniger gut zu füllen. So pilgerten auch dieses Jahr wieder 2 1/2 bis 3 tausend NMA-Fans nach Köln und das in einem Jahr, in dem einige andere Bands ihre Konzerte mangels Ticketverkauf vom Palladium ins kleinere E-Werk verlegen mussten. Ich denke, da werden einige Konzertagenturen ungläubig bis neidisch auf so Fan-Gemeide sein.

Ungläubig schauten auch viele NMA-Fans auf das Billing für dieses Jahr, denn die Namen der Support-Bands lösten bei einigen der Gäste nur Kopfschütteln aus. Man ist es ja gewohnt, dass für das Weihnachtskonzert häufig Bands aus den 80ern und den frühen 90ern herausgekramt werden. Aber Laibach? Ich weiß, ich habe irgendwo im Keller noch 'ne Platte (Vinyl) von denen, aber so richtig etwas damit anfangen konnte ich noch nie. Ob Kunst oder nicht, ob Links oder Rechts, ich bin mit dieser überspitzten militaristischen Attitüde noch nie warm geworden.

Fangen wir aber mit der ersten Band des Abends an, Juno Reactor - Ethno-Goa aus England, Ich habe keinerlei Ahnung von solcher Musik, aber eine Klasse Show war es alle mal. Kopf hinter der Band ist Ben Watkins, der Mann hat schon an den Soundtracks des Films Matrix mitgearbeitet. Auf der Bühne hörte man dann neben den Techno-Klängen auch einige schräge Gitarren, Schlagzeug und Percussions, aber irgendwie war die Musik echt nebensächlich, denn interessanter waren die Leute auf der Bühne. Denn die Südafrikaner Michael, Mandla und Squid machten angemalt und wild tanzend reichlich Show. Squid der sich selbst "Ghetto Priest" nennt, machte seinen Namen alle Ehre und sah mit seiner Plastik-Schutzbrille und seinem Voodoo-Stab aus, wie ein moderner verrückter Geisterbeschwörer. Ach ja, ab und an kam auch "Taz Alexander" quasi als Opern-Diva auf die Bühne und ließ ihren Gesang freien Lauf. Toller Auftritt aber einfach nicht meine Musik.

Langsam wurde das Palladium immer voller, wobei es die Neuankömmlinge nicht lange in der Vorhalle aushielten, denn da zog es wie Hechtsuppe und an diesem kältesten Tag des bisherigen Winters, war dies keinerlei Spaß. Ein wenig Wärme versprach nur das Innere des Palladiums, in dem man sich "gegenseitig" Wärme schenken konnte. Alte Scheiße war das lausig kalt! Hätte die Security nicht irgendwann den "Raucherbereich" draußen geschlossen, ich glaube mir wäre das Bier im Becher gefroren.

Zu Laibach habe ich ja schon oben etwas geschrieben, ich nenne es mal das "Kunstensemble" um Sänger Milan Fras. Vielleicht ist es ja meine Ignoranz, aber war das echt Kunst? Vor 20 Jahren fand ich es ja noch originell, ein Song (One Vision) der "harmlosen" Band Queen zu nehmen und durch Übersetzung und Verfremdung von Gesang und Musik die Aussagen des Songs ins Faschistoide (Geburt einer Nation) zu verändern. Aber heute, aus dem damaligen DAF-Hit ein "Tanz mit Laibach" zu machen, ich weiß nicht, wo da die künstlerische Schöpfungshöhe sein soll? Wobei ich sagen muss, dass dieser Song mir ja noch Spaß gemacht hat, im Gegensatz zu den handvoll Songs, die zuerst gespielt wurden. Okay, genug gelästert! Wer's mag, fand's bestimmt gut, und wer nicht, eben nicht.

So, nun endlich der Grund für den ich mir den Arsch abgefroren habe. legten wie immer ein riesen Konzert hin. Justin Sullivan kann wahrscheinlich gar nicht anders, als auf der Bühne zu stehen und das Publikum per Augenkontakt und Mimik in seinen Bann zu ziehen. Mit dem Charisma eines keltischen Druiden predigt er seine Songs und Ansagen Richtung Publikum. Von den Songs her, gab's kaum eine Überraschung, die Setlist glich quasi der der normalen Tour. Okay, bei den Zugaben gab es ein paar Veränderungen, da rutschten "La Push", "No Rest", "225" und das seltsamerweise so beliebte "51st State" ins Programm.

Zwischen den Songs gab es ein paar Justin-typische Statements zum aktuellen und zum vergangenen Weltgeschehen, wie z.B. zum Scheitern der Klimakonferenz in Kopenhagen (zu "The World") oder zur Verlogenheit der Banker und Politiker (zu "Today is a good day"). Die Fans feierten "ihre" Band wie eh und je, inklusive lautstarkes Mitsingen der bekannten NMA-Hymnen wie "Green and Grey" oder "Vagabonds". Einige der Dauergäste auf NMA-Konzerten zelebrierten sich wie immer selbst, bauten ihre menschlichen Türme und begleiteten auf Schultern sitzend Justin's Texte mit Gesten und Gebärden.

Was soll ich sonst noch zu diesem Auftritt schreiben? Eigentlich kann ich nichts schreiben, dass ich nicht schon über einen der vergangenen Gigs geschrieben habe. NMA sind live ein Erlebnis, Justin in Hochform und die Band steht ihm in nichts nach. Marshall rockt und Dean wird auch immer mehr zur "Bühnensau". Ich glaube ich verweise hier einfach mal auf ein paar Kollegen, die bestimmt schöne neue Worte für ihre Eindrücke im Palladium gefunden haben.

Zu Letzt noch ein Link zu dem Interview , dass ich vor dem Konzert mit Justin Sullivan machen durfte. Und ein Dank an Andrew und Carlos!

Autor: Frank Reins

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