Mehrgenerationen-Konzert im Kölner Palladium

Weihnachtskonzert der New Model Army wird zum Familientreffen

Konzertbericht: New Model Army - Köln, Palladium, 15.12.2012

Nur zum x-ten Mal ein „New Model Army“-Konzert vor Weihnachten im Kölner Palladium? Eine 80er-Jahre-Band, die zum x-ten mal ihre ein oder zwei überlebten Hits einem alterndem emotionslosen Publikum vorspielt? Nein, ganz und gar nicht - Ein Konzert der ist wohl in allen Punkten das absolute Gegenteil.

Die New-Model-Army-Fans feierten zwar wirklich zum x-ten Mal ihre Idole in Köln, aber emotionslos spielt sich so eine Zusammenkunft nun wirklich nicht ab. Schon während die Klänge der ersten Vorband „Ausgerechnet Wir“ in der großen Halle erklingen, steigt im Vorraum eine Begrüßungsorgie. Irgendwie scheint Jeder Jeden zu kennen. Auf jeden Fall kennt Jeder Jemanden der den Anderen kennt. Da kann ein Weg zu den Toiletten schon mal eine viertel Stunde dauern. Im Publikum tummeln sich mittlerweile wohl drei Generationen dieser besonderen Species. Da gibt es den einen oder anderen Alt-Hippie oder Alt-Punker dessen eigene Jugend in den 80ern schon so gut wie vorbei war. Und da gibt es den Teen, der stolz das '91 „Raw Melody Man“ aus dem Kleiderschrank des Vaters trägt.

Irgendwie bleiben die Gigs der Engländer ein Phänomen, ich glaube für die Hälfte des Publikums war es mehr als das 10te NMA-Konzert und es dürfte sehr schwer sein jemanden in Köln zu finden, der noch nie auf einem NMA-Gig war. So bleibt es halt nicht aus, dass diese Konzerte mehr ein Familientreffen als ein Rockkonzert sind. Leider verpasse ich nach der ersten Band auch den Gig von „Slime“, dem zweiten Support an diesem Abend, ich hatte mich wohl mit einem alten Freund, mit dem ich vor 25 Jahren zum ersten Mal auf einem NMA-Gig war, verquatscht. Warum braucht man auch immer ein Konzert als Entschuldigung um sich zu treffen?

Zu Justin Sullivan und seine Army ging's dann aber mit reichlich Vorfreude in die große Halle. Bei dem Repertoire, dass diese Band in den letzten 32 Jahren angesammelt hat, ist es verdammt schwer musikalisch alle Anwesenden zu befriedigen. Vor zwei Jahren bei einem Doppelkonzert spielten die Jungs noch rund 60 Songs, da wird es schwer, sich auf rund 20 Songs zu beschränken. Ein Best-Of-Konzert würde zwar die eine oder andere Enttäuschung beim Gelegenheitsbesucher verhindern, aber ein NMA-Fan will Klassiker, ein paar Überraschungen und noch den einen oder anderen neuen Song. Und was soll ich sagen? Die Band erfüllte diese Anforderungen. Gleich die ersten 3 Songs haben mich umgehauen. „Frightened“ und „The Charge“. Bei „Brave New World“ kam dann mein erster Gänsehauteffekt an diesem Abend. Unglaublich, was für ein Start!

Weiter ging es mit Songs quer durch 30 Jahre Bandgeschichte. Mit „March in September“ gab es auch einen Song der wohl auf dem nächsten NMA-Album zu hören sein wird. Das Album war zwar schon für dieses Jahr angekündigt, aber ein Brand im Proberaum der Band und ein Einbruch haben die Produktion wohl ein wenig verzögert. Jetzt wird es wohl 2013 erscheinen. Mein persönliches Highlight gab es in der zweiten Konzerthälfte. „Spirit of the Falklands“ und „1984“, keine Ahnung wann ich diese Songs zum letzten Mal live gehört habe. Zusammen mir Frightened ist diese Song-Auswahl wohl dem Re-Release des 1984-Album „Vengeance - the whole Story“ geschuldet, dass pünktlich zu Weihnachten im Handel erhältlich ist. Das Album watet übrigens mit 9 bisher unveröffentlichten Songs aus den Anfängen der Bandgeschichte auf. Leider habe ich zu diesem Anlass den Titelsongs des Albums ein wenig vermisst.

Ceri Monger der in diesem Jahr den langjährigen Bassisten Nelson abgelöst hatte, schien bei den älteren Songs in seinem Element. Sein Stil scheint gröber, rockiger und extrovertierter zu sein, als der Nelsons, der eher unauffällig und filigraner in seiner Spielweise war. Ceri erinnert musikalisch eher an die ersten beiden Basser der Band Stuart Morrow und Moose Harris. Man darf gespannt sein ob Ceri ähnliche Akzente setzen wird, wie einst Marshall Gill, als dieser Dave Blomberg ablöste.

Insgesamt fiel noch auf, dass Sänger Justin Sullivan an diesem Abend mit Ansagen geizte. Das war aber Okay, denn die Band quetschte 22 Songs in einen 110 Minuten Auftritt, da nehme ich gerne einen Song mehr mit und verzichte auf die eine oder andere Ansage. Wie immer bei guten Konzerten verging die Zeit wie im Flug und man war schon bei den Zugaben. Mit „Stupid Questions“, „Wonderful Way To Go“, „Get Me Out“, „Purity“ und „The World“ wurden dabei noch mal eben fünf Meilensteine der Bandgeschichte rausgehauen, welche Band kann das schon?

Nach dem Gig ist übrigens vor dem Gig. Die Poster im Palladium wurden direkt mit dem Datum für's Weihnachtskonzert 2013 überklebt. Am 21.12.2013 werden wieder im Palladium zu sehen sein. Ich wette, dass ein Großteil der Gesichter im Publikum dieselben sein werden.

Die Setlist:

  • Frightened
  • The Charge
  • Brave New World
  • 51st State
  • March in September
  • Flying Through the Smoke
  • States Radio
  • Red Earth
  • Spirit of the Falklands
  • Today Is a Good Day
  • Green & Grey
  • 1984
  • The Hunt
  • No Rest
  • High
  • 225
  • ---
  • Fate
  • Stupid Questions
  • Wonderful Way To Go
  • ---
  • Get Me Out
  • Purity
  • The World

Autor: Frank Reins

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